Back to Germany

28Dec
2008

Seit knapp 10 Tagen bin ich nun wieder in heimatlichen Gefilden – keine 12 Stunden nach dem Aufbruch aus der nächtlichen Dunkelheit von Lund war ich wieder im schönen Ries, Reisezeiten von denen Goethe, Hesse und andere der zu gegebenem Anlass zitierten nur träumen konnte. Überhaupt waren die damaligen Zeiten auch in manch anderer Sicht keineswegs so behaglich wie heute – so habe ich heute in einer Randbemerkung bei den “Profi-Rätsel von Dr. Ecco” (die nahtlose Fortsetzung des Studienprogramms aus Lund…) erfahren, dass Galois – Begründer der nach ihm benannten Theorie auf dem Gebiet der Algebra – im Alter von 20 Jahren bei einem Duell ums Leben kam.

Heute finden die Duelle nicht um die Ehre zwischen Einzelnen statt, sondern um das Geld zwischen Investmentbanken und Hedge-Fonds – und die Einzelnen sehen sich nur in einer Wirtschaftskrise, die aber das Weihnachtsgeschäft so scheinbar gar nicht tangiert hat. In Abwandlung eines bekannten Zitats: Stell dir vor, es ist Wirtschaftskrise, und keiner geht hin? Kommt dann die Wirtschaftskrise zu dir? Dann natürlich immer dazu die mahnenden Stimmen derer, die alles Klagen über die derzeitige Situation nur als Jammern auf extrem hohen Niveau relativieren – ja überhaupt Jammern: Wenn etwas typisch ist für dies heimatliche Land (hier ist jetzt schon Deutschland gemeint… nicht Bayern) dann ist doch der Hang zum Pessimismus. Ich erinnere mich zurück an die ersten Tage in Schweden im “Sprachkurs”, wo wir typisch schwedische Eigenschaften sammeln sollten, wo dann “tall, blond,” etc. auf der Liste landeten – ich würde dem vielleicht noch “funny-dressed” hinzufügen, aber eine Typisierung der Deutschen würde doch unausweislich “pessimistisch” enthalten…

Und das trotz der Sonne auch zu Winterzeiten – an lichtdurchflutete Räume, an die Notwendigkeiten von Sonnenbrillen und -blenden im Auto, da muss man sich erst einmal wieder gewöhnen. An Leute auf der Straße die man versteht – wesentlich problematischer: Leute auf der Straße, die verstehen was man sagt. Und so blicke ich mit wehmütigen Augen zurück auf die Zeit nach Lund und versucht-optimistischen Augen in die Zukunft…

Aufbruch II

20Dec
2008

Ein weiteres Mal heißt es Aufbruch; diesmal nicht in die Ferne, sondern zurück in die Heimat. Zurück, nach etwas mehr als vier Monaten in Schweden. Ich mag zugeben – der Begriff Auslandssemster beschreibt das Geschehene nur bedingt – nennen wäre “Semester im Ausland” die geeignetere Paraphrase und man möge den feinen Unterschied bemerken, so wie schon bei Bratkartoffeln und gebratenen Kartoffeln. Wie auch immer, es war eine schöne Zeit, die weniger von Uni geprägt war als daheim, aber dennoch soviel um auch hier die feinen Unterschiede im Studiensystem dieses Landes wahrzunehmen. So auch die etwas kurios anmutende mündliche Prüfung heute: Drei Prüflinge zur selben Zeit bestellt, die Frage die für den ferneren Betrachter abwegig, für den näheren durchaus angebracht klingt: “Are we examined at the same time?”, “Yes – but in different rooms.” Wie geht das? Man nehme für jeden eine Kreide, schreibe jedem ein paar Fragen an die Tafel, die man dann alleine bearbeiten kann, bis der Professor die anderen versorgt hat und wieder bei einem ist – das nennt man präemtives Prüfungsmultitasking. So weit, so gut – bestanden habe ich, wenn auch nur mit einer 2 (soweit ich das Notensystem verstanden habe).

So viel für heute, der nächste Eintrag wird wieder aus Deutschland kommen, vielleicht steht dann auch eine Änderung des Untertitels an, zu “Discover your homeland”? Im orientierungstechnischen Sinne ein in endlichen Teilgebieten noch zu lösendes nichttriviales Problem. Die Deutschlandkarte ist neben der Schwedenkarte jedenfalls schon auf das Navi aufgespielt…

…wohnt ein Zauber inne

15Dec
2008

Es mischt sich langsam das Gefühl von Abschied zu der vorweihnachtlichen Stimmung hinzu – wenn man die Zusammenkünfte von – natürlich – exchange students schon reihenweise Farewell-Partys tituliert, die Klausur(en) näherkomm(t/en) und die alljährliche Frage nach den Weihnachtsgeschenken im Raum steht. Als kleiner Tipp dazu – um an dieser Stelle ein Zitat meiner parents zu Hause einzustreuen – die besten Geschenke sind die, die sich aufbrauchen. Von dieser Regel natürlich ausgenommen, für das lesende Volk zumindest, Bücher. Nein, ich wiederhole mich an dieser Stelle nicht nocheinmal das Stück “Bücher” aus dem Tanz der Vampire. Aber so einfach ist es gar nicht immer neue zitierenswerte Seiten zu finden – da dachte ich vor ein paar Tagen schon, diese Seite kommt in den Blog mit “Meidzin (sic!) – Studentinnen sind schon die heißesten – geht dem Spiegel das Geld für´s Lektorat aus?”

Vielleicht zitiert man stattdessen einmal wieder Klassiker, bei Goethe waren wir schon und auch der Zauber der Theorien eines Gödels dürfte für so manchen schwarze Magie geblieben sein, gehen wir also zum nächsten Buchstaben des Alphabetes über und sind nun bei H wie Hesse:

“Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.” (Hermann Hesse)

Fragt sich nur welcher Anfang? Der Anfang des letzten Teils des Studiums, den ich daheim angehen werde; fehlende Informatik-Scheine, Praktikum und Diplomarbeit – es gibt noch viel zu tun und viel zu lernen. Ein Anfang in jenem Sinne, dass alles was wir machen immer im Entstehen und Werden begriffen sein wird, auch wenn das schon so manche anders sahen – wie ein Konstrukteur von Rechenmaschinen zu Zeiten Zuses:

“Ich habe mir sagen lassen, daß Sie eine Rechenmaschine erfunden haben. Nun will ich Ihnen nicht den Mut nehmen, als Erfinder zu arbeiten und neue Ideen zu entwickeln. Aber eines muß ich Ihnen doch von vornherein sagen: Auf dem Gebiet der Rechenmaschinen ist praktisch alles bis in die letzten Möglichkeiten erforscht und ausgeklügelt. Da gibt es kaum noch etwas zu erfinden, das hat mir auch der berühmte Rechenmaschinenkonstrukteur Hamann bestätigt, nach dessen Ideen rund eine Million Rechenmaschinen gebaut worden sind.” (Dr.-Ing- Kurt Pannke, 1937, aus der Autobiographie von Konrad Zuse [Auszug])

Referenzelefanten in der Bibliothek

09Dec
2008

Wenn ich mich über etwas nicht beschweren kann, wäre das zu viel Stress an der Universität – in Anbetracht dessen, dass ich im Moment nur noch einen abzuschließenden Kurs habe, die Differentialgeometrie. Auch wenn dem Erweitern des Horizontes mit selbiger doch etwas ernsthafteres Engagement guttun würde – dazu haben wir uns in ganz ernsthafter Intention letzten Donnerstag in der Bib getroffen. Es ist wohl nicht mehr genau rekonstruierbar, wer den Stein des Anstoßes geworfen hat – es kam jedenfalls dazu, das ein Logikrätsel in den Raum gestellt wurde, dass aber auch nicht sonderlich lange ungelöst blieb. Nachdem zu diesem Zeitpunkt schon eine kritische Masse von den Aufgaben über Rotationsoberflächen oder Geodäten erfolgreich abgelenkt war – so ergab sich, dass ein Logical nach dem anderen mit mathematisch-informatisch-logischen Sachverstand gelöst wurde. Nur eines, das 12-Elefanten-Rätsel erwies sich als nichttriviales Problem:

Gegeben seien 12 Elefanten, von denen einer leichter oder schwerer ist als die anderen 11 gleichschweren Elefanten, sowie eine Balkenwaage zum vergleichenden Wiegen der Elefanten. Man bestimme mit maximal drei Wiegevorgängen welcher Elefant ein anderes Gewicht hat und ob er schwerer oder leichter ist.

Zumindest nach der nachfolgenden Funktionalanalysis Vorlesung wurde auch dieses Rätsel gelöst – mag sein, dass so mancher der uns begegnete kopfschüttelnden Hauptes weiterging, wenn sich die Gespräche um “Referenzelefanten” drehten, den Fall angenommen er ist der deutschen Sprache mächtig – was aber keine Seltenheit in dieser Stadt sein soll – jedenfalls unter Studenten im Mathegebäude.

Zumindest unter den übrigen Einwohnern scheint der Hang zur deutschen Sprache nicht so sehr gegeben zu sein, gemessen daran, dass die heutigen Vorstellung von der “Welle” im Kino – in der Neuverfilmung mit erheblichen Differenzen zum Orginal, wie ich mir sagen ließ – nicht allzu sehr überbucht war. Allerdings dürften den nicht des Deutschen Mächtigen so manche Witze entgangen sein – vor allem wenn diese nur durch T-Shirt Aufschriften vermittelt werden, die sich auch einigermaßen schlecht untertiteln lassen.

Zumindest des Englischen mächtig dürfte hier ein prozentual weitaus höherer Anteil als in Deutschland sein. Nachdem die Vekürzung meiner blonde Haarpracht schon längst überfällig war, war auch ich bei einem der teuren Friseure in Lund (ab 24€ – mit Studentenrabatt). Dafür kann man sich dann allerdings – wie schon von etlichen anderen beobachtet – mit Friseurinnen auf Englisch unterhalten. Man mache diesen Versuch einmal in Deutschland…

Advent, Advent

01Dec
2008

Auch im schönen Lund entgeht es einem nicht, dass Weihnachten naht – beleuchtete Tannen erhellen diese zumeist vom Dunkel der Nacht umgebende Stadt, die aber auch tagsüber mit dem nahezu immer trüben Himmel sich nicht so wesentlich von der Nacht unterscheidet. Zumindest hatte ich bisher vor allem jene angenehme Seite der sich anbahnenden Adventszeit gesehen, die der vielen kleinen Lichter, die immerzu leuchten in einem Land, in dem Strom so billig ist, dass man gerne auch mal das Licht anlässt, wenn man das Zimmer verlässt, um sich bei der Rückkehr heimischer zu fühlen. Die Seite des bloßen Kommerzes, der Entartung von Insignien der Besinnlichkeit zum Profitstreben des Konsumgütergewerbes – rechtfertigbar in einer Zeit, in der wir keinen Strohalm an unserer Wirtschaft vorbeilassen wollen? – jene Seite ist mir bisher noch nicht in dieser Weise aufgefallen, wie das in heimischen Einkaufsmärkten der Fall war. Das mag auch daran liegen, dass das Konzept der Großmärkte hier wesentlich weniger verbreitet ist, und im Grunde genommen jeder Supermarkt so aussieht wie man einen Aldi bei uns kennt – klein, einfach und mit niedrigen Margen kalkulierend. Vermutlich kann man sich Supermärkte abseits von diesem Konzept ähnlich wenig vorstellen wie Einrichtung von einem anderen Hersteller als Ikea – was sich bewährt, wird gnadenlos vervielfältigt und die positiven Skaleneffekte ausgenutzt. Mit dem Kochen a´la “you always come in groups” haben wir genau dieses Konzept auch übernommen…

Eigentlich wollte ich zum Konzept des Weihnachtsmarktes in Schweden hinaus, was sich kurz zusammenfassen ließe wie etwa: Die Konstante Kommerz ist eben doch nicht ganz kleinzukriegen. Genau das hätte man gar nicht so sehr erwartet, wenn man schon einen Eintritt von 3.50 € zahlen muss – neuerdings Geld ausgeben für´s Geld ausgeben? Man muss ganz ehrlich sagen, dass dieses mehr oder weniger Freilichtmuseum in weihnachtlicher Dekorationen durchaus eine Betrachtung Wert war, nebenbei hatte man damit auch den Eintritt für ein weiteres klassisches Museum auf dem Areal bezahlt. Doch dann Verkaufsstände, die ernsthaft 2.50 € für geschätzte 50g Mandeln verlangen? Ganze Regale die man mit “Kitsch” nur euphemistisch beschreiben kann? (Zu Kitsch gibt es übrigens in Milan Kunderas “Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins” eine sehr schöne Definition: “Daraus geht hervor, daß das ästhetische Ideal des kategorischen Einverständnisses mit dem Sein eine Welt ist, in der die Scheiße verneint wird und alle so tun, als existierte sie nicht. Dieses ästhetische Ideal heißt Kitsch.[…]) Aber gut, insgesamt muss man konstatieren, dass der Kommerz rund um Weihnachten hier immer noch wesentlich geringer ausfällt, als man es aus heimischen Gefilden gewohnt ist.

Mit Plätzchenbacken, respektive -essen sind wir auch beim ganz nicht-kommerziellen Kulturimport tätig gewesen. Ein gelungenes Projekt, sogar unter dem Zeichen interkultureller Verständigung (auch ein Schwede war mit dabei), wäre da nur nicht die Frage nach der einzig wahren Form der “Vanillekipferl” gewesen – die irgendwo zwischen Halbmond und Hufeisen vermutet wurde. Jedenfalls ein Streitpunkt, der das Potential hatte (ausschöpfte) eine judäische Volksfront gegen die Volksfront von Judäa aufzustellen. Hauptsache, es geht dabei noch ein bisschen demokratisch zu.