Randbemerkungen zum Fest des Konsums

18Dec
2010

Samstag Nachmittag, der letzte vor Weihnachten noch dazu, inmitten der Fußgängerzone, zwischen dem Vorläufer der zukünftigen Mobilitätsdrehscheibe (“Kö”, ich glaube ohne “21”) und dem obligatorischen Weihnachtsmarkt samt überdimensionaler Weihnachtspyramide mit arg gekünstelt wirkenden überdimensionalen “Kerzen” – alles das so gesehen in einer kleinen?/großen? Stadt an der Wertach. Was Größe angeht: Zuletzt die (ernstgemeinte) Aussage eines aus Bayreuth zugereisten Studenten gehört, dessen Motivation für den Ortswechsel unter anderem die Größe der Stadt ist. Na immerhin, so groß sind wir schon.
Vielleicht zu klein für einen prestigeträchtigen Terroranschlag; und trotzdem, zwei in der Fußgängerzone vor der Straßenbahn unmotiviert entlangtuckelnde Polizeibusse. Wie gut, dass für unsere Sicherheit gesorgt ist! Noch ein wenig sicherer fühlt man sich, wenn man an einem Stand mit Koran-Büchern vorbei kommt, auf dem die Aufschrift “Islam ist Frieden” prangt – wobei die Terrorgefahr doch ohnehin völlig überschätzt wird, nachdem die Terroristen schlicht zu dumm sind.
Das erste Geschäft, welches ich bei dieser vorweihnachtlichen Feldstudie aufsuche, ist jedenfalls eine Buchhandlung, eines der wenigen Geschäfte, wo ich gegenüber dem Online-Handel noch substantielle Vorteile sehe, unabhängig davon, dass ich zunächst nicht mehr bei Amazon einkaufe. Thematisch ähnliche Bücher nebeinander stehen zu haben (und nicht nur die schlaue “Kunden kauften auch…” Funktion), darin blättern und lesen zu können – eine der wenigen angenehmen Seiten vorweihnachtlicher Konsumjagdzüge.
Ein substantieller Vorteil des Online-Handels ist allerdings, das dort das Phänomen langer Schlangen an den Kassen nicht auftritt. Regelmäßig sehe ich kopfschüttelnd, wie es Einzelhandelsgeschäfte immer wieder hinbekommen, dass zu Stoßzeiten die Schlangen so lang werden, dass potentielle Kunden die Flucht ergreifen und andererseits zu “Totzeiten” Mitarbeiter gelangweilt an der Kasse sitzen. Wer sich unter solchen Effizienzaspekten gegen den Online-Handel aufstellt, der soll sich nicht beschweren.
Ach eigentlich wollte ich doch gar nicht politisieren, sondern etwas über Weihnachten schreiben. Ja Weihnachten, das große Fest für Einzelhändler, für Spendensammler, für Friedensbewegte, für wen auch immer – wo ist auch der Unterschied? Menschen vertreten ihre Interessen, weil sie sich dadurch persönliche Vorteile erhoffen, warum ist das eigentlich so schwer zu verstehen? Es gibt viele Menschen, für die ein “erkauftes gutes Gewissen” ein persönlicher Vorteil ist, und es gibt Menschen, die das völlig legitimerweise ausnutzen. “Jeder Cent Ihrer Spende kommt ohne Abzüge Kindern zugute” liest man bei der gemeinsamen Spendenaktion der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten und des Axel-Springer-Verlags. Sind das eigentlich die gleichen Leute die dort spenden, die dann auch für “0 % Finanzierung” einkaufen gehen? Nur noch zu toppen durch die Aussage eines Renters auf einer Kaffeefahrt (Video, ab 1:43), der meinte, eine Navi und eine Videokamera geschenkt bekommen zu haben – bei einer näheren Nachfrage korrigierte er das zu “Das hat man dazugekriegt, wenn man den Gesundheitsprospekt gekauft hat, zum halben Preis.” Schließlich noch die Nachfrage “Wieviel hat das zum halben Preis gekostet?” – “1100 Euro”
Nicht ganz so überzogen, aber immer noch um 9.95 € zu teuer fand ich eines der wenigen Bücher in dem ich leider nicht blättern konnte, da die Exemplare sämtlich eingeschweißt waren. Es war ein vielleicht 5 x 10cm großes “Büchlein”, vielleicht etwa 50 Seiten dick und es ging darum um die Heilkraft von Steinen, die man ins Wasser liegt. Zum Preis von 9.95 €.
Traue nie einer (wissenschaftlichen) Erkenntnis, die allzu spektakulär klingt – da habe ich mich sogar unlängst beim Stöbern auf Wikipedia “ertappt”: Das eine Ameise das hundertfache ihres Körpergewichts tragen kann, ist nichts besonderes. Achja, meine letzte Spende ging im Übrigen an Wikipedia.