Metastrategien 4 | Faszinierende Ideen 3

14Jul
2012

Eine Metastrategie, den Sinn des Lebens zu beantworten, besteht darin, die Wohldefiniertheit dieses Problems anzuzweifeln, wie es Houellebecq in diesem sehr lesenswerten Interview tut:

“HOUELLEBECQ: […] Es müßte eine neue Art Mensch erfunden werden. Vor hunderttausend Jahren hat sich die Menschheit genetisch sehr rasch entwickelt. Danach geschah bis heute fast nichts, weil die Kultur die Funktion des Fortschritts übernommen hat. Ich hätte nichts dagegen, wenn die genetische Evolution jetzt wieder beginnt. Die Menschheit müßte sich zu einer anderen Spezies fortentwickeln. Ich sehe keinen Grund, diese Möglichkeit auszuschließen.

Wie sähe diese Spezies aus?

HOUELLEBECQ: Das menschliche Gehirn müßte verändert werden, damit wir aufhören, nach dem Sinn des Lebens zu fragen. Ich meine nicht, daß die Welt sinnlos ist, aber die Frage nach dem Sinn muß verschwinden, weil es darauf keine Antwort gibt.

[…]

Auguste Comte, auf den Sie sich gern berufen, hat die Menschheitsentwicklung in drei Stadien eingeteilt. Am Anfang steht das religiöse Stadium. Es folgt das metaphysische. Die Krönung ist das wissenschaftliche Stadium, in dem wir nun angekommen sind.

HOUELLEBECQ: Nein, da sind wir noch nicht angekommen. Wir befinden uns noch im metaphysischen Stadium. In das wissenschaftliche werden wir erst dann eintreten, wenn wir aufhören zu fragen, was hinter den Naturgesetzen steht. Wir sollten uns damit zufriedengeben, sie zu beschreiben.”

So wenig faszinierend auch Houellebecq´s Misanthropie sein mag – ist es nicht eine faszinierende Idee, dass der Mensch tatsächlich in der Lage wäre, eine neue Spezies seiner selbst zu entwerfen? Doch sollte diese Spezies keine Reflektionsfähigkeiten besitzen, nicht in der Lage sein, den Sinn ihrer selbst zu ergründen – ist damit nicht ganz objektiv ein Rückschritt erreicht, wäre ein solcher neuer Mensch nicht “echt weniger mächtig” als ein, über den Sinn seiner Existenz sinnierender Mensch? Und würde nicht zwangsläufig jedes Wesen, dass mindestens die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen aufbringt, auch über denn Sinn seiner selbst reflektieren? Könnte man also sogar in Analogie zur Church-Turing-These die folgende These aufstellen?

Die Klasse der intelligenten Wesen entspricht genau der Klasse der selbst-reflektiven Wesen.

Das zugegeben etwas abstrus; auch ist die “Klasse der intelligenten Wesen” wahrscheinlich kein sehr exakter Begriff, ähnlich wie die “intuitiv berechnbaren Funktionen”. Man könnte das ganze natürlich auch noch verknüpfen, in dem man postuliert:

Die Klasse der inuitiv berechnbaren Funktionen ist genau die Klasse der Funktionen, die von einem intelligenten Wesen berechnet werden können.

Na gut, jetzt reicht es für heute.