Faszinierende Strategien 22 | Selbstkritische Betrachtungen 10

12Apr
2019

Es ist Freitag und wieder haben viele Jugendliche und junge Erwachsene für das Klima demonstriert. Ich empfinde das eine faszinierende Strategie, in dieser Sache mit dem Anspruch aufzutreten, dass es um die Zukunft der jetzt jungen Leute geht, die in der Politik einfach eklatant unterrepräsentiert sind. Letztens gab es eine konkrete Liste an Forderungen an die Politik. Die Konsequenz, so hat SpOn nachgerechnet, wären deutlich höhere Treibstoffpreise und vor allem bis zu 2000 € mehr für Langstreckenflüge. Politisch erscheint das allerdings reichlich illusorisch und hat natürlich auch enorme Sprengkraft. Am ehesten würde man es wohl nur einer Partei zutrauen, solche Ziele mit Nachdruck zu vertreten, nämlich den Grünen.

Nur was ist mit den Wählern der Grünen? Die stoßen am meisten CO2 von allen Wählergruppen aus, gehören sie doch zu der soziographischen Gruppe, die sich die größten Autos, die geräumigsten Wohnungen und vor allem die meisten Flugreisen leisten kann. Eine Tatsache, die die der sonst mir sehr sympathische Robert Habeck bei Anne Will zuletzt nicht besonders souverän regiert hat.

Dennoch, ich glaube bei Problemen der gerechten Aufteilung von Almende-Gütern wie Umweltressourcen nicht mehr an die Verantwortung des einzelnen. Für jeden, der im Berufsverkehr vom Auto auf’s Rad umsteigt, wird im Mittel ein anderes Auto mehr unterwegs sein. Solange der Verkehrsfluss nicht derart langsam wird, dass es keinen Sinn mehr macht, voran zu kommen, werden die Straßen voll sein. Die Vorgehensweise des Münchener Umweltreferats den Verkehr “verflüssigen” zu wollen, um die Luftqualität zu erhöhen, empfinde ich als himmelschreienden Unsinn. Wer weniger Autos in der Stadt will, muss zu drastischen Maßnahmen greifen: Eine hohe City-Maut (30 € oder mehr pro Tag?), viel weniger und teureren Parkraum (20 € und mehr pro Tag?) und viel mehr Fahrradspuren (grundsätzlich 1,5m breite Fahrradwege, was fast überall bedeutet, eine Autospur wegzunehmen). Die Konsequenz wäre übrigens auch für mich, mein Auto öfter mal stehen zu lassen, jedenfalls abends (zur Arbeit nutze ich nur das Fahrrad). Derzeit zahle ich für den variablen Kostenanteil einer Autofahrt weniger als die Hälfte für ein U-Bahn Ticket. Das ist umwelttechnisch ein völliger Irrsinn. Wahrscheinlich würde ich auch weniger der viel zu günstigen Fernreisen machen. Mit allem könnte ich gut leben.