Seoul Impressionen I

06Apr
2012

Drei Tage sind wir nun in der Mega-Metropole mit 25 Millionen Einwohnern im Großraum, oder “3(sam)” Tage wie in der englischen Transkription bei den U-Bahn Haltestellen stets geschrieben wird, “sam” für das koreanische Zahlwort “drei”. Dabei sind die Zahlen das einzig universell funktionierte Kommunikationsprotokoll – die Motel-Rezpeptionistin, die auf “Do you speak english” mit einem sehr freundlichen Nicken reagiert, aber offensichtlich kein Wort versteht, aber irgendwann “30000” (umgerechnet 20€) auf einen Notizzettel schreibt und herüber reicht. Schwierig, wenn man einen Zettel mit zwei Zahlen und daneben Schriftzeichen bekommt – Schriftzeichen, die für die Wochentage stehen, wie ich später herausfand – am Wochenende kosten die Motels mehr. Der Verkäufer auf dem Markt, der auf einen zuläuft mit dem Taschenrechner und den Preis für die Ware eintippt, die man gerade ansieht – vorausahnend, das wir der koreanischen Sprache genauso wenig mächtig sind, wie er der englischen. Auch wenn viele in der vorauseilenden Hilfsbereitschaft mit “A little” auf die Frage nach englischen Sprachkenntnissen antworten – bis auf wenige, verstehen sie nichts. Diese wenigen sind vor allem junge Studenten, die teilweise perfekt Englisch sprechen, von sich aus nach einer U-Bahn Durchsage zugehen und fragen “Did you understand the message?” Wir verneinen, bekommen erklärt, dass es technische Probleme gibt, der Zug steht in einer Station, wird vorerst aber nicht losfahren. Die Architekturstudentin erzählt wie reibungslos das U-Bahn Netz üblicherweise funktioniert, und das es ihr leid tut, dass wir jetzt gerade stehengeblieben sind. Wer könnte sich bitte eine solche Szene in Deutschland denken? Sicherheitspersonal, das einfach mal den Posten verlässt, und ein Stück weit in unsere Richtung geht, um uns den Weg zu zeigen. Im Starbucks, wo es kostenloses WLAN gibt, sofern man seine koreanische Personennummer oder die Nummer des Reisepasses zur Verfügung stellt, wird meine Passnummer nicht akzeptiert – ein Cafemitarbeiter tippt seine Personennummer ein, schafft es sogar bei meinem auf deutsche Sprache eingestellten Tablet, die koreanischen Tasten zu aktivieren, die er dafür braucht. Andererseits Hilfsbereitschaft die fast schon zuviel ist: Ein U-Bahn Mitfahrer, der kaum englisch kann, aber uns meint, genau erklären zu müssen wieviel Stationen wir fahren müssen, und wann wir umsteigen müssen, wieviel Stationen wir dann fahren müssen – ohne ihn einmal danach gefragt zu haben, bekommen wir simpelste Dinge erklärt.

Was man bisher gesehen hat, ist eine Stadt voller Kontraste, so kontrastreich der Samsung-Shop mit angeschlossenen Showrooms, das “Samsung D´light” zum “Gyeongbockgung” Palast erscheint, der einzige Ort wo uns die vielen bunten Gewänder, die es auf den Märkten gibt, tatsächlich mal an Personen aufgefallen sind, an der Fanfaren-spielenden Wachmannschaft. Ein Markt, wo der rohe Fisch in rauen Massen liegt, Gemüße und rohes Fleisch in großen Körben auf dem Straßenboden steht; das alles in den seltsammsten Geruchsmischungen einen einnebelt und wenig später Elektromärkte, wo sich Smartphone an Smartphone reiht. Phone? Tablet? fragt man sich, genauso wie der Werbeslogan für das “Samsung Note” beginnt, ein völlig überdimensioniertes Smartphone, das man bei etwa jedem zweiten U-Bahn Passagier unter 35 sieht – die anderen haben andere Modelle, dabei aber kaum welche von Apple, vermutlich sind die iPhones einfach zu klein, aber praktisch jeder junge Mensch in der U-Bahn hat ein Smartphone in der Hand – schreibt Mails, surft auf Facebook, schaut YouTube Videos – die Tarife hier scheinen günstig zu sein und die Datenraten schnell.

Schnell, wie auch die Leute sich immer schnell bewegen, höflich sich zwar in Zweierreihen an der U-Bahn anstellend, aber auf den Gewehen immer schnellen Schrittes, oft auch rennend unterwegs sind, schnell klickend auf ihren Smartphones, und auch schnell redend – auch wenn das natürlich am Klang der koreanischen Sprache liegen mag. Und schnell auf den Straßen unterwegs, ständig hupend und rote Fußgängerampeln gerne ignorierend – spätestens hier endet dann doch die höfliche Zurückhaltung.