Fernsehen! Bücher!

20Oct
2008

Sie sind da, die Zahlen! Doch ganz gleich wie im wahren Wirtschaftsleben gaben sie das Geschehene kunstvoll verpackt wieder, und diese Konzession an den gemeinsames Kochabend bezieht sich keineswegs auf die Qualität des Essens – das nämlich äußerst smakligt war. Vielmehr gewinnen die (es soll sie geben!) auf dem Korridor anwesenden Schweden von den Tyskländern den Eindruck einer ausschließlich in Horden auftretenden Spezies, die sich sehr ausdauernd auszubreiten im Stande ist. So auch dann beim gestrigen Filmabend, bei dem weder die königliche Schlacht (“Battle Royale”) noch “Divine Intervention” für all zu große Begeisterung sorgten – vielleicht war das erste die intellktuelle Unter-, das zweite die Überforderung, lediglich ein Klassiker sorgte für hervorragende Unterhaltung – Loriot´s Satire “Pappa ante Portas” Zum Ausklang des Abends habe ich mir Marcel Reich-Ranicki´s erneuten TV Auftritt angesehen – Gottschalk mag in diesem Fall zu einem gewissen Teil mit seiner Kritik Recht haben, den sein – seit einer Woche – Duzfreund Marcel bewegte sich keinen Schritt von seiner Position. Aus seiner Sicht der Welt mag er damit vollkommen Recht haben, so vollkommen Recht wie ein Matheprofessor der Realschülern den Satz von Cavalieri beibringen will. Das wird in Einzelfällen funktionieren, und auch Reich-Ranicki´s TV-Programm wird Einzelfälle interessieren – aber ob die Begriffsassoziation von Schiller als Unterhaltungsdichter und Unterhaltungsfernsehen in der heutigen Medienlandschaft gerechtfertigt ist?

Wenn man in der Landschaft der Medienkritiker etwas liest wie

Herr Reich-Ranicki, ab in die Bücherei! Herr Gottschalk, gehen Sie in Rente! Herr Raab, übernehmen Sie!

dann stellt sich die Frage – hat hier ein Pro7-internes Magazin geschrieben oder war es doch wieder der Spiegel? Dieser Kommentar bezog sich auf das gestrige – heute von mir gesehene – Turmspringen, dass an Unterhaltung – wenn auch nicht im Reich-Ranickischen Sinne – wohl als Teil der Reihe von Raabs Samstagabend-Shows seit geraumer Zeit mehr bietet als Gottschalks gebührenfinanzierte Wetten-dass-Sendung. Dass der Spiegel Raabs Kreationen immer wieder unerwartet gut wegkommen lässt wäre in diesem Sinne noch verdienter, dass neben solchen “eigentlich sinnfrei aber sehr unterhaltsam”-Shows in seiner täglichen Sendung auch mal etwas wie “Klangsteine” Fernsehzeit zugestanden wurde.

Doch um nicht über Gebühr unterhaltende Bildmedien in den Vordergrund zu stellen – natürlich gibt es intellektuell anregendere Tätigkeiten als jene zu konsumieren. Im Speziellen sei damit das Metier eines MRR gemeint:

Professor Abronsius:
Bei Kant kann sich der müde Geist am reinen Denken laben.
Aber wenn der Autor Hegel heißt,
wird man am Weltgeist traben.
Deutscher Tiefsinn auf Papier gedruckt und alles Erstausgaben!
Nur Erbauliches, wohin man guckt.
Ein Leben ohne Bücher war Tortur!
(“Bücher, Bücher” aus Tanz der Vampire)

Dazu passend war ich heute in der Lunds Stadsbibiliotek – die eine beachtliche Anzahl englischsprachiger Bücher und immerhin einiges an deutscher Belletristik bereithält. Angenehm unbürokratisch kann man auch als Utlänningar dort kostenfrei Bücher ausleihen – zumindest wenn man im Stand ist mit dem Computer-Terminal zum Ausleihen der Bücher umzugehen – wir leben schließlich in einem hochtechnisierten Land. Nunja, irgendwo werden hier wohl “Top-Talente” sein, wenn schon nicht daheim.